Officemeeting – Teambesprechung – Sitzung – Konferenz- Ausschuss – Gesprächsrunde – Gremium – Arbeitskreis
Ständig sitzen Mitarbeiter eines Teams in mehr oder weniger großen Runden zusammen. Doch wie wichtig und sinnvoll sind diese Zusammentreffen eigentlich?
Officemeeting
Mir gegenüber sitzt Eva*, mit dem Ziel sich zukünftig verstärkt ins wöchentliche Meeting einzubringen. „Ich habe das Gefühl auch einmal etwas sagen zu müssen, aber mir fällt so spontan einfach meist nichts Wertvolles ein. Ich finde es komisch etwas zu sagen, nur damit ich etwas gesagt habe. Einige meiner Kollegen können das aber sehr gut“. Dieses Anliegen kenne ich nur zu gut. Fast alle meiner Klienten haben unter anderem die Frage, wie sie sich im Meeting von der Schokoladenseite zeigen können. Oft liegt darin das einzige Ziel der Runde, denn wirklich Wichtiges zu besprechen gibt es im wöchentlichen Officemeeting selten. Alles Dringliche wird im Alltag sofort geklärt wenn es ansteht. Das macht ja auch Sinn. Schließlich kann man doch nicht mit der Klärung eines Problems auf das nächste Meeting warten. Die Klientin bekommt nun ein paar Tipps von mir, wie sie die Vorgesetzten und Kollegen durch nonverbale Kommunikation und ein paar schicke auf die Persönlichkeit zugeschnittene Floskeln im Meeting beeindrucken kann.
Teambesprechung
Angelika* ist Chefärztin. Sie hat das Gefühl einen gereizten Ton den Kollegen und Mitarbeitern gegenüber in der Teambesprechung zu haben. Jeden Morgen sitzt sie vor Dienstbeginn mit ihrem Team 45 Minuten im Konferenzraum des Krankenhauses. Die dringenden Themen sind nach 15 Minuten durch. Danach geht es um unwichtige Kleinigkeiten und individuelle Anliegen, die mit den meisten Anwesenden im Raum gar nichts zu tun haben und viel besser im Dialog geklärt werden könnten. Sie sitzt wie auf heißen Kohlen. Draußen sind Patienten, die sie brauchen. „Ich bin gestresst, anworte nur knapp und nutze die Zeit für Beckenbodengymnastik. Dann habe ich wenigstens nicht das Gefühl meine Zeit komplett zu verschwenden.“ Ich gebe ihr Tipps wie sie durch Atemübungen, einen bewussten Einsatz der Stimme und ein leichtes Lächeln (darf ruhig aufgesetzt sein, merkt sowieso keiner) ruhig und freundlich wirken kann, selbst wenn sie innerlich sehr angespannt ist.
Sitzung
Wolfgang* ist Spitzenpolitiker. Er liebt und lebt die Politik und er trägt die hohe Verantwortung mit großer Besonnenheit. Wolfang verbringt sehr viel Zeit in Sitzungen. Sitzungen in denen oft Menschen sitzen, deren Hauptberufung es ist, ihm an den Karren zu fahren und ihm das Leben schwer zu machen. „Diese Sitzungen kosten mich viel Zeit. Zeit in der ich lieber wertvolle Politik machen würde. Zudem kosten sie mich Kraft, da ich versuchen muss ruhig zu bleiben und mich über die zum Teil absurden Anliegen und Anschuldigungen nicht aufzuregen.“ Wir arbeiten über Übungen an seiner Stimme, damit diese der extremen Belastung auch bei sehr langen Sitzungen standhalten kann.
Gremium
Michael* ist Projektleiter in der Entwicklung bei einem großen Automobilhersteller. Er sitzt im Schnitt täglich 3x 1,5 Stunden in Gremien. „Wenn ich dort immer zuhören würde, würde ich meine Arbeit gar nicht mehr schaffen. Ich beantworte im Gremium meine Mails und bearbeite die Themen die ich schriftlich abwickeln kann.“ Michael ist auf dem Weg zur Top-Führungskraft. Er hat einen Mentor, der ihn bei diesem Prozess begleitet und ihm zum Kommunikationstraining bei mir geraten hat. Ziel des Trainings ist ein souveränes und kompetentes Auftreten, auch in den Gremien. Wir arbeiten schwerpunktmäßig an Körperspannung und Präsenz im Sitzen (sodass er aussieht als würde er zuhören selbst wenn er gerade gedanklich komplett woanders ist) und planen wann und in welchem Kontext er sich zwischendurch gezielt und eindrucksvoll ins Gremium einbringen kann.
Lenkungsausschuss
In einem meiner Rhetorikseminare sitzen 8 junge, engagierte Mitarbeiter eines anderen Automobilunternehmens. Wir reden über das Thema Lampenfieber. Den größten Druck verspüren die Teilnehmer, wenn sie im monatlichen Lenkungsausschuss vor den Vorgesetzten präsentieren müssen. „Das Problem ist, dass die meisten Vorgesetzten gar nicht zuhören. Sie starren in ihren Laptop oder in ihr Handy, es entstehen Nebengespräche oder einer fragt mitten in der Präsentation plötzlich laut nach einem Joghurtlöffel.“ Ich muss an Michael denken und verspüre Mitleid mit den Vorgesetzten, die den ganzen Tag im Lenkungsausschuss sitzen und sich eine Präsentation nach der anderen anhören müssen während die eigentliche Arbeit sich türmt. Mir wird klar, dass die Situation für beide Seiten schrecklich ist. Ich erarbeite mit den Teilnehmern einen positiven und professionellen Einstieg in die Präsentation und trainiere Blickkontakt in verschieden Richtungen ohne Menschen (wir fixieren zum Beispiel Steckdosen). Ich versuche sie so mental und technisch von Blickkontakt und Reaktionen aus dem Publikum unabhängig zu machen.
Meine wichtigsten Tipps für eine positive Außenwirkung
*bei den genannten Beispielen handelt es sich um reale Klienten und Originalzitate. Zum Schutz der Privatspäre habe ich jedoch die Namen geändert.
Mein Fazit
Ich liebe meine Arbeit sehr, aber natürlich geben mir die Berichte meiner Klienten auch zu denken. Fast alle sagen, dass sie statt im Meeting zu sitzen lieber „effektiv arbeiten“ würden und wünschen sich von mir ich möge ihnen beibringen wie sie so tun können als würden sie zuhören und interessiert sein ohne dass sie es wirklich sind.
Meetings dienen der Teamkommunikation, aber genau die Kommunikation ist es, die im Meeting oft auf der Strecke bleibt.
Ich habe den Eindruck, dass die Anzahl der Stunden, die meine Klienten in Meetings verbringen, stetig steigt, während die Begeisterung der Teilnehmer in gleichem Maße sinkt. Natürlich sind Meetings sehr wichtig, wenn es um Themen geht, die im Team besprochen werden müssen. Als Zeit zum Informationsaustausch eignen sie sich meiner Meinung nach nicht gut, da sind andere Kommunikationswege vermutlich sinnvoller. Auch als Teambildungsmaßnahme ist ein Meeting nicht der Königsweg, da wäre es manchmal besser einfach mal zwischendurch gemeinsam ein Eis essen zu gehen. Zudem sollten wir unsere Kommunikationskultur im Auge behalten. Die ständige Erreichbarkeit und die hohe Erwartungshaltung schneller Reaktionen im Bezug auf die Kommunikation per Mail und zu viele Präsentationen führen dazu, dass während eines Vortrags Nebenkommunikationen entstehen, die den Referenten sehr verunsichern können.
Ich bin sehr neugierig, was Sie zum Thema denken und würde mich sehr über Kommentare oder eine Nachricht freuen!